Ein Kran steht zur Bergung eines verunglückten Reisebusses an der Unfallstelle auf der Autobahn A9 bereit. Foto: Sebastian Willnow/dpa

Nach dem Unfall mit vier Toten und vielen Verletzten auf der A9 bei Leipzig bleiben Schock und Trauer – und viele offene Fragen. Eine davon: Wie sicher sind Fernbusse eigentlich als Verkehrsmittel?

Nach dem schweren Busunglück mit vier Toten und über 30 Verletzten auf der Autobahn 9 bei Leipzig rücken nun die Ermittlungen zur Unfallursache in den Fokus. „Zunächst müssen zahlreiche Zeugenbefragungen durchgeführt werden. Das wird natürlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt eine Polizeisprecherin.

Bei dem Unfall mit einem Reisebus auf der A9 nahe Leipzig sind vier Menschen ums Leben gekommen. Foto: dpa/Jan Woitas

Der Doppelstock-Flixbus war am Mittwochmorgen (27. März) von der Fahrbahn abgekommen, über den Grünstreifen gerast und auf die Seite gekippt. Die Polizei sprach von vier Toten, sechs Schwerverletzten und 29 Menschen mit leichten Verletzungen. Die Identifizierung der Toten war am Mittwochabend noch nicht abgeschlossen.

Karte mit der Unfallstelle. Foto: dpa-infografik

Unfallstelle zwölf Stunden voll gesperrt

Abschlepper und ein Kran warten auf die Bergung des verunglückten Busses von der Unfallstelle auf der A9.  Foto: dpa/Jan Woitas

Der Flixbus mit mehr als 50 Passagieren und zwei Fahrern war auf dem Weg von Berlin nach Zürich verunglückt. Um 8 Uhr war er losgefahren, gegen 9.45 Uhr passierte der Unfall zwischen der Anschlussstelle Wiedemar und dem Schkeuditzer Kreuz.

Nach ersten Erkenntnissen war wohl kein anderes Fahrzeug daran beteiligt. Die A9, eine wichtige Nord-Süd-Strecke zwischen Berlin und München, war rund um die Unfallstelle zwölf Stunden voll gesperrt – bis gegen 21.30 Uhr am Mittwochabend.

Der Fahrer des auf der A9 verunglückten Flixbusses soll nach Angaben des Busunternehmens alle Lenk- und Ruhezeiten eingehalten haben. „An Bord waren zwei Fahrer, der Fahrer im Einsatz steuerte den Bus seit Abfahrt in Berlin um 8 Uhr“, heißt es. Er ist nach Angaben der Polizei nicht unter den Toten. Details zu seinem Gesundheitszustand wurden nicht genannt.

Sind Busse sichere Verkehrsmittel?

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder schwere Reisebusunfälle. Dennoch zählen Busse zu den vergleichsweise sicheren Verkehrsmitteln. Der Unfallstatistik zufolge sind sie vergleichsweise selten in Verkehrsunfälle mit Personenschaden involviert.

„Dennoch sind Fälle, in denen es zu Unfällen kommt, oft dramatisch, weil die Zahl der Betroffenen hoch sein kann“, erklärt ein Sprecher des ADAC.

Gibt es in Reisebussen eine Anschnallpflicht?

Bestatter tragen ein Todesopfer des verunglückten Busses von der Unfallstelle auf der A9. Foto: dpa/Jan Woitas

2022 kamen den Angaben zufolge bei Busunfällen innerhalb und außerhalb von Ortschaften insgesamt acht Menschen ums Leben – eine im langjährigen Vergleich nicht ungewöhnliche Zahl. Der ADAC verwies auf die seit 1999 bestehende Gurtpflicht in Reisebussen. „Ob und wie die einzelnen Unternehmen kontrollieren, ob Insassen angeschnallt sind, ist nicht nachzuvollziehen“, so der ADAC-Sprecher.

Busreisenden wird grundsätzlich empfohlen, sich anzuschnallen. Zudem müssen Reisebusse laut ADAC seit 2022 mit einem sogenannten Spurhaltewarnsystem ausgestattet sein. Ob der verunglückte Bus eines hatte, war zunächst nicht bekannt. Ein solches System warnt den Fahrer, verhindert aber nicht das tatsächliche Abkommen von der Fahrbahn, falls er nicht gegenlenkt.

Wie wird die Verkehrssicherheit von Bussen gewährleistet?

Der Bus mit mehr als 50 Passagieren und zwei Fahrern war auf dem Weg von Berlin nach Zürich verunglückt. Foto: dpa/Jan Woitas

Es gibt eine strikte Lenk- und Ruhezeiten-Überwachung in allen Bussen. Die sogenannten EC-Kontrollgeräte zeichnen alles auf, was technisch im Bus innerhalb von 31 Tage anfällt. Die Busunternehmen sind verpflichtet, diese Daten abzuspeichern und ein Jahr lang zu archivieren. Dasselbe gilt für die Fahrerkarte, die ebenfalls 31 Tage umfasst.

Die technische Kontrolle geschieht durch den Fahrer selbst nach jeder Ruhepause, indem er um den Bus läuft und feststellt, ob irgendwo was ausläuft oder zischt. Die Checklisten haben dazu geführt, dass es keine Probleme mehr mit Bussen gibt, die schon mit Defekten losfahren.

Was ist mit den Busfahrern?

Um 8 Uhr war der Flixbus losgefahren, gegen 9.45 Uhr passierte der Unfall zwischen der Anschlussstelle Wiedemar und dem Schkeuditzer Kreuz. Foto: dpa/Jan Woitas

Laut EU-Verordnung müssen die Busfahrer alle fünf Jahre insgesamt fünf Fortbildungsmodule absolvieren, die bei der Führerscheinverlängerung vorgelegt werden müssen. Diese Module umfassen Themen wie Fahrsicherheit, Umgang mit Fahrgästen, Lenk- und Ruhezeiten, gesunde Ernährung sowie technische Fragen.

Wie oft müssen Busse zum Tüv?

Alle sechs Monate werden die Fahrzeuge von amtlicher Seite inspiziert. Diese halbjährliche Zwischenuntersuchung ist zwingend und wird mit einem Aufkleber am Bus dokumentiert. Hinzu kommt die jährliche Hauptuntersuchung durch den TÜV.

Wie alt sind Fern- und Reisebusse im Durchschnitt?

Polizisten stehen vor dem verunglückten Bus an der Unfallstelle auf der A9. Foto: dpa/Jan Woitas

Im Reiseverkehr sind überwiegend neue Busse unter sechs Jahren unterwegs. Die meisten Busse sind nicht älter als zehn Jahre. Seit 2007 gilt für alle Busse verpflichtend der Sicherheitsgurt für die Fahrgäste sowie moderne Sicherheitsstandards wie Scheibenbremsen

Wie verhält es sich beim Busfahren mit dem Tempomat?

Das Abstandshaltung-System, das mit dem Tempomat gekoppelt ist, kann man in Bussen abschalten. Aber Busse fahren wenig mit Tempomat, weil sie immer in den 90-Stundenkilometer-Bereich des Lkw- Verkehrs mitfahren. Da ist der Tempomat nicht sehr hilfreich. Auch die Abstandswarnung kann man abschalten, aber nicht das Notbremssystem.

Info: Schwere Unfälle mit Reisebussen

Sachsen, Mai 2019
Auf der A9 stirbt eine Frau, als ein Reisebusfahrer wegen eines „medizinischen Problems“ sein Fahrzeug nicht mehr unter Kontrolle hat. Neun Menschen werden schwer verletzt.

Bayern, Juli 2017
18 Menschen sterben in den Flammen, als auf der A9 in Oberfranken ein Reisebus mit etwa 60 Kilometern pro Stunde auf einen Sattelzug auffährt und sofort in Brand gerät. 30 weitere werden zum Teil schwer verletzt.

Thüringen, Oktober 2015
Ein Bus mit Schülern aus Sachsen kommt auf der A4 bei Erfurt nach einem Überholmanöver von der Straße ab und kippt um. Ein Junge stirbt.

Sachsen, Juli 2014
Elf Menschen sterben, als auf der A4 bei Dresden ein Reisebus aus Polen zunächst auf einen ukrainischen Bus auffährt, dann die Leitplanke durchbricht und in den Gegenverkehr rast.

Brandenburg, September 2010
14 Polen sterben, als ihr Bus auf der A10 südlich von Berlin von einem Auto gerammt wird und gegen einen Brückenpfeiler kracht.